Vermietung und Verpachtung eines Gebäudes mit Betriebsvorrichtungen: EuGH weicht Aufteilungsgebot auf
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Die Mehrwertsteuersystem-Richtlinie (MwStSystRL) enthält eine Steuerbefreiung für Umsätze aus Vermietung und Verpachtung von Grundstücken. Selbiges sieht auch das deutsche Umsatzsteuergesetz (UStG) in § 4 Nr. 12 Satz 1 vor. Gemäß der MwStSystRL ist die Vermietung von auf Dauer eingebauten Vorrichtungen und Maschinen von der Steuerbefreiung ausgeschlossen. Auch dies wurde im deutschen UStG in § 4 Nr. 12 Satz 2 umgesetzt. Danach sind die Vermietung und die Verpachtung von Maschinen und sonstigen Vorrichtungen aller Art, die zu einer Betriebsanlage gehören (Betriebsvorrichtungen), nicht steuerfrei. Das gilt auch dann, wenn sie wesentliche Bestandteile eines Grundstücks sind.
Im Streitfall vermietete der Kläger im Rahmen eines langfristigen Pachtvertrags ein Stallgebäude zur Putenaufzucht mit auf Dauer eingebauten Vorrichtungen und Maschinen, die speziell der Aufzucht der Tiere dienten. Laut Pachtvertrag erhielt der Kläger ein einheitliches Entgelt für die Überlassung des Zuchtstalls sowie der Vorrichtungen und Maschinen. Er behandelte die Verpachtung als einheitliche Leistung und somit insgesamt als umsatzsteuerfrei. Das Finanzamt hingegen war der Ansicht, dass die Pacht zu 20 % auf eine umsatzsteuerpflichtige Verpachtung von Betriebsvorrichtungen entfalle und insoweit umsatzsteuerpflichtig sei.
Die dagegen gerichtete Klage vor dem Finanzgericht (FG) hatte zunächst Erfolg. Das FG sah hier eine vollständig steuerfreie Leistung, da die Überlassung von Vorrichtungen eine Nebenleistung zur Überlassung des Zuchtstalls sei und ebenso wie diese steuerfrei sein müsse. Nach Revision des Finanzamts rief der Bundesfinanzhof (BFH) den Europäischen Gerichtshof (EuGH) an.
Der EuGH stellt klar, dass wenn die Vermietung von Betriebsvorrichtungen eine Nebenleistung zu einer Hauptleistung der Verpachtung eines Gebäudes sei, die im Rahmen eines zwischen denselben Parteien geschlossenen steuerbefreiten Pachtvertrags erbracht werde, und diese Leistungen wirtschaftlich eine einheitliche Leistung bildeten, keine Steuerpflicht nach der MwStSystRL bestehe. Das gelte, wenn mehrere Einzelleistungen oder Handlungen des Steuerpflichtigen für den Vertragspartner so eng miteinander verbunden seien, dass sie objektiv eine einzige untrennbare wirtschaftliche Leistung darstellten, deren Aufspaltung wirklichkeitsfremd wäre. Das FG hat nun zu bestimmen, ob es sich bei den Leistungen, die eine solche wirtschaftlich einheitliche Leistung bilden, um eine Hauptleistung oder eine Nebenleistung handelt.
Hinweis: Es bleibt abzuwarten, wie der BFH und die Finanzverwaltung auf das Urteil reagieren werden.
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(aus: Ausgabe 08/2023)