NS-Verfolgtenentschädigung: Zinsen bis zur Ablehnung eines Restitutionsanspruchs sind keine Kapitaleinkünfte
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Verfolgte des Nationalsozialismus werden im Rahmen der deutschen Wiedergutmachungspolitik materiell entschädigt. Rechtsgrundlage hierfür ist u.a. das NS-Verfolgtenentschädigungsgesetz (NS-VEntschG), das seit 2004 eine Verzinsung von Entschädigungsleistungen mit 6 % pro Jahr vorsieht.
Beteiligte einer Erbengemeinschaft haben vor dem Bundesfinanzhof (BFH) nun ein wichtiges Urteil zur Steuerfreistellung dieser Zinsen erstritten. Im vorliegenden Fall war der Erblasser jüdischer Firmeninhaber eines Bankhauses gewesen, der im Jahr 1938 von den nationalsozialistischen Machthabern gezwungen worden war, keine Geschäfte mehr zu tätigen und das Unternehmen aus dem Handelsregister löschen zu lassen. Die Erben hatten im Jahr 1991 wegen des verfolgungsbedingten Eigentumsverlusts die Rückübertragung des Unternehmens beantragt. 2017 hatte das Bundesamt für zentrale Dienste und offene Vermögensfragen (BADV) diesen Restitutionsantrag abgelehnt, da die Rückgabe des Bankhauses wegen Unmöglichkeit ausgeschlossen war.
Das Amt gestand der Erbengemeinschaft 2018 aber eine Entschädigung nach dem NS-VEntschG in Höhe von 514.119 EUR zu. Zusätzlich zahlte es Zinsen nach dem NS-VEntschG von 447.283 EUR (für den Zeitraum vom 01.01.2004 bis zum 30.06.2018). Enthalten waren darin Zinsen von 416.436 EUR, die allein bis zur Ablehnung des Restitutionsantrags im Jahr 2017 aufgelaufen waren. Die Erbengemeinschaft war der Auffassung, dass nicht nur der Entschädigungsbetrag, sondern auch die Zinsen bis zur Ablehnung des Restitutionsantrags steuerfrei gestellt werden müssen.
Der BFH gab den Erben recht und erklärte, dass die Zinsen für diesen Zeitraum kein geleistetes Entgelt für eine Kapitalüberlassung und somit nicht steuerbar gewesen seien. Eine Kapitalforderung war im vorliegenden Fall erst mit der Ablehnung des Restitutionsantrags der Erbengemeinschaft und der Entscheidung auf Entschädigungszahlung entstanden. Davor war der Anspruch lediglich auf Restitution, somit auf Rückübertragung der zum früheren Bankhaus gehörenden Vermögensgegenstände gerichtet (Sachleistungsanspruch). Die Zinsen waren somit kein Entgelt für eine vorenthaltene Geldleistung, sondern eine Entschädigung für einen erlittenen Nachteil.
Hinweis: Versteuert werden mussten somit nur die Zinsen, die nach Ablehnung des Restitutionsanspruchs aufgelaufen waren, da sie ab diesem Zeitpunkt für eine Kapitalüberlassung gezahlt worden waren.
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zum Thema: | Einkommensteuer |
(aus: Ausgabe 07/2025)
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