Psychisch kranke Jugendliche: Behinderungsbedingtes Kindergeld fließt auch bei Einweisung in forensische Psychiatrie
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Eltern steht für ein behindertes Kind auch über dessen 25. Geburtstag hinaus ein Kindergeldanspruch zu, sofern die Behinderung vor Erreichen dieser Altersgrenze eingetreten ist und das Kind wegen seiner Behinderung außerstande ist, sich selbst zu unterhalten. In diesen Fällen wird das Kindergeld bis an das Lebensende des Kindes bzw. der Eltern gezahlt („ewiger“ Kindergeldanspruch).
Ist ein volljähriges behindertes Kind aufgrund gerichtlicher Anordnung in einem psychiatrischen Krankenhaus untergebracht, stellt sich die Frage, ob letztlich die Behinderung oder der Freiheitsentzug dafür ursächlich ist, dass das Kind außerstande ist, sich selbst zu unterhalten.
Der Bundesfinanzhof (BFH) ist dieser Frage nun in einem Fall nachgegangen, in dem einem volljähriger Sohn aufgrund einer Schizophrenie noch vor seinem 25. Geburtstag ein Grad der Behinderung von 80 (mit dem Merkmal „H“ für Hilflosigkeit) zuerkannt worden war. Wegen verschiedener Gewaltausbrüche war er auf gerichtliche Anordnung hin in einem psychiatrischen Krankenhaus untergebracht worden. Die Familienkasse erkannte der Mutter den Kindergeldanspruch ab dem 18. Geburtstag des Kindes ab und verwies darauf, dass die Unfähigkeit zum Selbstunterhalt nicht auf der Behinderung beruhe, sondern auf der Unterbringung in der forensischen Psychiatrie und der dadurch eingetretenen Freiheitsbeschränkung.
Der BFH gestand der Mutter jedoch den behinderungsbedingten Kindergeldanspruch zu und urteilte, dass die Behinderung nach wie vor ursächlich für die fehlende Fähigkeit zum Selbstunterhalt war. Zwar entfällt der Kindergeldanspruch für behinderte Kinder, die sich in Strafhaft befinden oder wegen einer Straftat mit Freiheitsstrafe in einem psychiatrischen Krankenhaus untergebracht sind. Hiervon abzugrenzen sind nach Gerichtsmeinung aber Fälle, in denen ein Strafgericht die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet hat. Im vorliegenden Fall sah der BFH die gerichtlich angeordnete Unterbringung nicht als eine die Behinderung „überholende Ursache“ an. Entscheidungserheblich war, dass das Kind bereits vor seiner Einweisung wegen seiner schweren seelischen Behinderung außerstande gewesen war, sich selbst zu unterhalten. Die Behinderung blieb also die wesentliche Ursache für die Unfähigkeit zum Selbstunterhalt.
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(aus: Ausgabe 08/2024)