Nicht erfüllter Lohnanspruch: Fehlende Insolvenzsicherung führt beim Arbeitnehmer nicht zu Lohnzufluss
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Arbeitgeber haften für die Lohnsteuer, die sie bei einer Lohnzahlung einbehalten und an das Finanzamt abführen müssen. Zu beachten ist aber, dass Arbeitslöhne erst dann dem Lohnsteuerabzug unterliegen, wenn sie dem Arbeitnehmer auch steuerlich zufließen. Maßgeblich ist hierfür der Zeitpunkt, zu dem ein Arbeitnehmer die wirtschaftliche Verfügungsmacht über den Arbeitslohn erhält. Fließt ihm noch kein Arbeitslohn zu, kann der Arbeitgeber auch noch nicht für einen unterlassenen Lohnsteuerabzug in Haftung genommen werden. Ein neues Urteil stärkt nun die Rechte von Arbeitgebern in Fällen, in denen offene und nicht gegen Insolvenz gesicherte Lohnansprüche der Belegschaft mit zeitlichem Verzug in Zeitwertkonten überführt werden.
Im Urteilsfall hatte ein Arbeitgeber aus Thüringen seit 2008 diverse Prämien und Weihnachtsgelder nicht mehr an seine Arbeitnehmer ausgezahlt, sondern mit ihnen vereinbart, dass die Lohnansprüche später in (insolvenzgesicherte) Zeitwertkonten eingezahlt würden, so dass eine ruhestandsnahe Arbeitsfreistellung möglich würde. Die Überführung in diese Konten fand tatsächlich erst im Jahr 2011 statt.
Im Rahmen einer Lohnsteuer-Außenprüfung ging das Finanzamt davon aus, dass den Arbeitnehmern die Arbeitslöhne steuerlich bereits vor 2011 zugeflossen waren. Die Behörde argumentierte, dass die Arbeitnehmer bis zum Jahr 2011 das Insolvenzrisiko hinsichtlich ihres nicht ausgezahlten Arbeitslohns getragen und sie bereits die wirtschaftliche Verfügungsmacht über die Löhne erlangt hätten.
Der Bundesfinanzhof nahm jedoch keinen Lohnzufluss an und lehnte dementsprechend eine Haftungsinanspruchnahme des Arbeitgebers für nicht abgeführte Lohnsteuer ab. Die Arbeitnehmer hatten auf die sofortige Auszahlung des Lohns verzichtet, so dass der Zufluss nach Gerichtsmeinung – ähnlich wie bei einer Stundung – hinausgeschoben worden war. Die Bundesrichter erklärten, dass eine fehlende Insolvenzsicherung und ein damit einhergehendes Risiko des Wertverlusts der Lohnansprüche nicht zum Lohnzufluss führten. Das Tragen eines solchen Risikos durch den Arbeitnehmer begründe bei ihm noch keine wirtschaftliche Verfügungsmacht über den Arbeitslohn.
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(aus: Ausgabe 11/2023)