Umsatzsteuer und Tooling im EU-Recht: Steuerfragen rund ums Spezialwerkzeug auf dem Prüfstand
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Wie ist umsatzsteuerlich zu verfahren, wenn Spezialwerkzeuge verkauft werden, jedoch physisch beim Hersteller verbleiben? Diese Frage beschäftigt derzeit den Europäischen Gerichtshof im Kontext sogenannter Tooling-Konstellationen. Dabei geht es um die Lieferung von Formen, Modellen oder Spezialwerkzeugen, die im Eigentum des Auftraggebers verbleiben und beim Hersteller zur Fertigung von Bauteilen eingesetzt werden.
Ausgangspunkt des Verfahrens ist ein Fall, in dem eine Gesellschaft (A) innerhalb der EU Werkzeuge an eine verbundene Gesellschaft (B) in einem anderen Mitgliedstaat verkaufte, diese Werkzeuge aber beim Hersteller (C) in einem dritten Mitgliedstaat verblieben. Die dortige Steuerbehörde verweigerte B die Erstattung der Mehrwertsteuer mit der Begründung, die Lieferung der Werkzeuge und die der Bauteile stellten eine wirtschaftlich untrennbare Lieferung dar und seien ergo keine eigenständigen steuerpflichtigen Leistungen.
In ihrem Schlussantrag stellte die Generalanwältin klar, dass für eine steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung nach Unionsrecht grundsätzlich ein tatsächlicher grenzüberschreitender Transport des Gegenstands erforderlich sei. Da das Werkzeug im Land des Herstellers verblieben sei, könne es sich hierbei nicht um eine steuerfreie Lieferung handeln. Maßgeblich sei nicht der physische Verbleib, sondern wer die Verfügungsmacht ausübe und die wirtschaftlichen Risiken trage. Entscheidend sei, dass der Auftraggeber Eigentümer bleibe und der Hersteller nicht frei über die Werkzeuge verfügen könne.
Zudem widerspricht die Generalanwältin der Auffassung, die Lieferung der Werkzeuge sei automatisch eine Nebenleistung zur Lieferung der Bauteile. Bei verschiedenen Beteiligten und eigenständigen wirtschaftlichen Vorgängen seien die Lieferungen getrennt zu behandeln, sofern kein enger wirtschaftlicher Zusammenhang im Sinne einer unselbständigen Nebenleistung oder einer einheitlichen komplexen Leistung bestehe. Das vorlegende Gericht prüfe außerdem, ob die Aufspaltung der Lieferungen steuerlich missbräuchlich sei. Die Generalanwältin betont jedoch, dass das Verbleiben der Werkzeuge beim Hersteller einen legitimen Zweck erfülle und keine steuerlichen Nachteile erzeugen dürfe, sofern die Regelung nicht missbräuchlich angewendet werde.
Hinweis: Das noch ausstehende Urteil dürfte insbesondere für Branchen mit häufigem Tooling-Einsatz – wie etwa in der Automobilzuliefererindustrie – wegweisend sein. Es wird erwartet, dass die Abgrenzung zwischen steuerfreien innergemeinschaftlichen Lieferungen und steuerpflichtigen Werkzeuglieferungen künftig klarer definiert wird. Maßgeblich werden vor allem der Übergang der Verfügungsmacht und ein tatsächlicher grenzüberschreitender Transport sein.
Information für: | Unternehmer |
zum Thema: | Umsatzsteuer |
(aus: Ausgabe 10/2025)
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